Pflichtdienst versus Freiwilligendienst

Unterschiedliche Meinungen und ambivalente Standpunkte wurden beim FÖJ-Forum im April in Nürnberg ausgetauscht. Auf Einladung von Landesjugendpfarrer Tobias Fritsche diskutierten die FÖJ-Sprecher:innen mit Landtagsabgeordneten, Gesprächspartner:innen aus dem Jugendverband, aus der Kirche und von den FÖJ-Einsatzstellen über das aktuelle Thema „Pflichtdienst versus Freiwilligendienst“. Nach einer Einführung gab es in gemischten Gesprächsgruppen einen regen Austausch. Dabei wurden durchaus Argumente für den Pflichtdienst gesehen, aber mehrheitlich eher kritische Anfragen gestellt. FÖJ-Sprecher Joris Daniel ist die persönliche Entscheidungsfreiheit sehr wichtig: „Der freiwilligen Dienst soll weiterhin freiwillig bleiben, da sonst die Freiheit junger Menschen stark eingeschränkt wird. Zudem fehlen die nötigen Einsatzstellen und die dafür benötigten Anleiter.“ Landtagsabgeordnete Julia Post von Bündnis 90/ Die Grünen sieht das ähnlich: "In der Diskussion um Pflichtdienst versus Freiwilligendienst ist mir besonders wichtig geworden, dass Freiwilligkeit und Selbstbestimmung die Grundpfeiler einer engagierten Zivilgesellschaft sind. Das FÖJ und andere Freiwilligendienste ermöglichen jungen Menschen, sich freiwillig, ohne Zwang und unter Berücksichtigung individueller Interessen und Bedürfnisse für gesellschaftliche Belange zu engagieren. Durch die Förderung der Freiwilligendienste können wir eine vielfältige und engagierte Jugendgeneration fördern, die sich freiwillig für das Gemeinwohl einsetzt."

In einer Schlussrunde wurden nochmals die wichtigsten Erkenntnisse zusammengetragen. So soll ein Pflichtdienst nicht nur auf junge Leute zugeschnitten sein, sondern im Laufe des Lebens absolviert werden können. Den Teilnehmenden war es wichtig, dass die Qualitätsstandards im Freiwilligendienst wie eine gute fachliche und pädagogische Begleitung, ansprechende Seminargestaltung sowie ein breites Aufgabenfeld auf einen Pflichtdienst übertragen werden müssten. FÖJ-Sprecherin Helene Köster sieht das folgendermaßen: „Auch wenn der Gedanke, dass durch einen Pflichtdienst gesellschaftliches Engagement verstärkt werden soll, verlockend klingt, hat sich beim Austausch mit den Forums-Gesprächspartnern meine Ansicht verstärkt, dass ein qualitativ hochwertiger Pflichtdienst derzeit nicht umsetzbar ist. Deswegen bin ich der Meinung, dass der Fokus eher darauf liegen sollte, den Freiwilligendienst zu fördern, um mehr junge Menschen anzusprechen.“ Unklar war den Teilnehmenden, wie bei einer zu erwartenden Zahl an Pflichtdienstleistenden von ca. 450.000 im Jahr die Aufwendungen für eine notwendige Infrastruktur finanziert werden soll. Die Aufwendungen sollten besser in die Stärkung der Freiwilligendienste investiert werden. Besonders auf das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) sollte stärker z. B. in Schule und in der Kirche hingewiesen werden. Das unterstreicht Benedikt Kalenberg aus der Landesjugendkammer: „Statt auf Zwang zu setzen, sollte mehr Werbung gemacht, Anreize entwickelt und mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um mehr Menschen für einen freiwilligen Dienst zu gewinnen."

Friedemann Hennings
FÖJ-Referent